Weite Teile der Wirtschaft leiden weiter stark unter der Pandemie. Die nach der ersten Infektionswelle gewährten Notfallhilfen in Form von KfW-Krediten, Landesbürgschaften, Aussetzung der Insolvenzantragspflicht oder Kurzarbeit konnten die Insolvenzwelle nur verschieben, aber nicht aufhalten. Das jedenfalls zeigen die Auswertungen des 17. Restrukturierungsbarometers: Die Restrukturierungsfälle nehmen zu. Experten rechnen ab Anfang 2021 mit mehr als 6.000 Unternehmensinsolvenzen pro Quartal. Damit schwinden nicht nur die Hoffnungen auf einen baldigen konjunkturellen Aufschwung. Auch die Heilungschancen für Corona-gebeutelte Unternehmen sinken von Tag zu Tag.
Die Ergebnisse unseres 17. Restrukturierungsbarometers, dessen Panelbefragung Ende Juli bis Anfang August 2020 durchgeführt wurde, zeichnen zunächst ein relativ optimistisches Bild: Obwohl die Wirtschaftsforschungsinstitute für 2020 von einem Einbruch des BIP um 5,4 Prozent ausgehen, halten sich die Einschläge in den Bankbilanzen noch in Grenzen. Bislang ist die Anzahl der Pleiten überschaubar.
Doch das ist nur das halbe Bild: Viele Unternehmen umschifften die erste Welle der Pandemie mit Hilfe staatlicher Unterstützung wie Krediten, Kurzarbeitergeld oder der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Die zweite Welle werden viele Unternehmen indes nicht überleben. So geht die Bundesbank davon aus, dass 2021 pro Quartal mehr als 6.000 Insolvenzanträge gestellt werden. Eine eher düstere nähere Zukunft erwarten auch die im Restrukturierungsbarometer befragten Spezialisten: 88 Prozent befürchten für die kommenden sechs Monate eine Zunahme der Restrukturierungsfälle. Das ist der höchste Wert seit Start des Barometers im Jahr 2012.
Georgiy Michailov,
Managing Partner bei Struktur Management Partner
Sorgen bereiten den Befragten des aktuellen Restrukturierungsbarometers besonders ihre „Intensivpatienten“: Immer mehr Experten geben an, dass es schwieriger geworden ist, Unternehmen als „geheilt“ oder zumindest stabil in den Markt zu entlassen. Nur 15 Prozent der Befragten erklärten, das sei ihnen im Vergleich zum zurückliegenden Halbjahr häufiger gelungen. Auch die Finanzierbarkeit von Restrukturierungsfällen ist so herausfordernd wie noch nie: Etwa 59 Prozent bewerten die aktuellen Finanzierungsbedingungen als „schwierig“ bis „sehr schwierig“.
Logische Konsequenz: Der sprunghafte Anstieg derer, die neue Kreditengagements besonders kritisch prüfen. 81 Prozent der Experten gaben an, die Vergabe neuer Kredite zumindest in Einzelfällen deutlich kritischer zu hinterfragen. Im Frühjahr lag dieser Wert noch bei 52 Prozent. Im Fokus der Experten stehen dabei insbesondere Liquiditätsposition und Auftragseingang der potenziellen Kreditnehmer.
Keine Veränderung gibt es hingegen bei den besonders gefährdeten Branchen: Besondere Sorgenkinder der Finanzierer sind nach wie vor die Segmente Fahrzeugbau und -zubehör sowie Anlagen- und Maschinenbau. Eine nachvollziehbare Einschätzung: Sowohl Corona-Pandemie als auch (digitaler) Transformationsdruck treffen diese Branchen besonders hart.
Diese Krisenindikatoren stehen im Fokus:
Diese exogenen Gefahren werden derzeit am meisten gefürchtet: