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Endlich Durchbruch der E-Mobilität im COVID-Umfeld?

Autor

Georgiy Michailov

Patrick Terhedebrügge

Kategorien

Business-Blog

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COVID-19 kann vor allem aufgrund der staatlichen Förderung doch zu einem Game Changer für die Elektromobilität in Deutschland werden.

Massiver Einfluss der Konjunkturmaßnahmen der Bundesregierung

Um die unmittelbaren wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie abzufedern, hat die Bundesregierung eine Reihe verschiedener Konjunkturmaßnahmen angestoßen. Eine der prominentesten war die Senkung der Mehrwertsteuer im vergangenen Jahr, die insbesondere größere private Investitionen attraktiver machen sollte. Über eine Kaufprämie für Automobile, wie sie es auch schon in der Finanzkrise gab, wurde lange spekuliert. Diesmal hat es jedoch keine Abwrackprämie für Verbrenner gegeben, sondern eine Verlängerung sowie eine Erhöhung der schon bestehenden Innovationsprämie von bisher 6.000 EUR um 50% auf bis zu 9.000 EUR für den Kauf von Elektroautos [1]. Zusätzlich zu den Anreizen für die Konsumenten werden bis 2024 auch Mittel von 2 Mrd. EUR für Zukunftsinvestitionen in der Fahrzeugindustrie bereitgestellt [2]. Trotz der gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen und dem insgesamt eingetrübten wirtschaftlichen Bild werden Elektroautos im Speziellen gefördert und stehen nicht schlechter da als vor der Pandemie. Im letzten Jahr wurden mehr als dreimal so viele Elektroautos zugelassen als noch im Jahr davor [3]. Allein im Dezember 2020 betrug der Marktanteil bereits über 10%! Damit kletterte Deutschland 2020 auf den zweiten Platz hinter China. Dies ist u.a. auf die massive politische Förderung zurückzuführen.

Status quo der Ladeinfrastruktur und Fördermaßnahmen

Die Anzahl der Ladesäulen wurde im COVID-Jahr in Deutschland um mehr als 20% erhöht [4]. Auch Tesla möchte seine bereits in Europa flächendeckend vorhandenen Supercharger weiter ausbauen. Nach rechtlichen Hürden und einem Flickenteppich aus vielen regionalen Anbietern entsteht langsam ein deutschlandweites Netz von Ladesäulen. Die anfänglichen regulatorischen Hürden, insbesondere durch eine fehlende einheitliche Abrechnungsmöglichkeit, werden zunehmend beseitigt. Die Förderungen wurden auch im Jahr 2020 nochmals deutlich erhöht:

Private Wallboxen werden seit November erstmals mit 900 EUR pro Ladepunkt und Installation von der KfW bezuschusst [5]. Weitere Förderungen sind auch für die gewerbliche Nutzung vorgesehen. Zudem wird mit einer Verlängerung der Ende 2020 ausgelaufenen Förderrichtlinie für öffentliche Ladeinfrastruktur gerechnet, die zuletzt mit 300 Mio. EUR ausgestattet war [6]. Im Frühjahr 2021 wird ein weiterer Förderaufruf erwartet. Um gezielter das Schnellladenetz zu fördern, möchte die Bundesregierung mit dem neuen 1.000-Standorte-Programm großflächig Ladeparks mit Ladepunkten, die mindestens 150 kW Ladeleistung bringen können, gewinnen [6]. Hier sollen bei den Ausschreibungen explizit auch Gebiete außerhalb der Ballungsräume berücksichtigt werden. Auch neue Förderprogramme sollten in den kommenden Jahren die Ladeinfrastruktur weiter begünstigen. In Kürze könnte das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz verabschiedet werden. Das sieht unter anderem vor, dass bis zum 1. Januar 2025 für alle Nichtwohngebäude mit mehr als 20 Stellplätzen ein Ladepunkt installiert werden muss [7]. Hier würden schlagartig großflächig und deutschlandweit neue Lademöglichkeiten entstehen. Verschiedene Lebensmitteleinzelhändler wie beispielsweise Aldi Süd haben sich bereits vor der Verabschiedung des Gesetzes die konsequente Elektrifizierung der eigenen Parkflächen vorgenommen [8].

Technologieentwicklung bei den E-Fahrzeug-Herstellern

Betrachtet man die Lade-Performance und Batterieleistung aktueller und kommender E-Modelle, ist ein Trend zu größeren Batterien mit einer immer schnelleren Ladeleistung deutlich erkennbar. Große Treiber dieser Entwicklung sind die technischen Innovationen, die die Kosten pro kWh für die in den Fahrzeugen verbauten Lithium-Ionen-Akkus über die letzten Jahre hinweg kontinuierlich reduzieren konnten [9]. Bis 2025 wird eine weitere Reduktion um mehr als ein Viertel prognostiziert – und dies beim größten Kostentreiber in einem Elektrofahrzeug. Auch diese technologische Entwicklung führt dazu, dass E-Mobilität nicht nur durch schnelleres Laden und höhere Reichweiten praktikabler wird, sondern auch, dass E-Fahrzeuge kontinuierlich günstiger werden. Die nächste Generation dieser Lithium-Ionen-Akkus soll auch in großen Umfang in Europa gefertigt werden. Hierzu wurde kürzlich das zweite IPCEI-Programm mit knapp 3 Mrd. EUR Fördermitteln genehmigt [10]. Hierbei werden von 42 europäischen Batterieherstellern auch elf deutsche Unternehmen direkt gefördert. Darunter fällt auch Tesla mit der derzeit im Bau befindlichen Gigafactory in Brandenburg. Bei der Ladeleistung zeigt sich jedoch ein geteiltes Bild: Obwohl E-Fahrzeuge immer schneller geladen werden können, zielen die aktuellen staatlichen Investitionen in die Infrastruktur auf Ladepunkte von gerade einmal 150 kW ab. So werden die meisten E-Auto-Nutzer das Schnelllade-Potenzial ihres Fahrzeugs nicht ausschöpfen können.

Pro:
Die Bundesregierung hat bereits große Konjunkturprogramme geschnürt und dabei den Fokus auch auf die neuen Technologien gelegt. Neben Anreizen für Konsumenten wird auch die technologische Weiterentwicklung gefördert.

Pro:
Die aktuellen technologischen Weiterentwicklungen in Bezug auf Batteriekosten, Batteriekapazitäten und Ladeleistung machen Elektrofahrzeuge für den Verbraucher immer erschwinglicher und damit auch attraktiver.

Contra:
Die COVID-19-Pandemie verursacht in allen Bereichen unter anderem aufgrund der Unsicherheit und potenzieller Kaufkraftverluste Umsatzeinbußen und erschwert Investitionen in Zukunftstechnologien. Viele Autobauer sehen sich aktuell mit eigenen Unternehmenskrisen konfrontiert und können sich nicht vollumfänglich auf die Zukunft fokussieren.

Contra:
Trotz der kontinuierlich weiter ausgebauten Ladeinfrastruktur ist noch immer fraglich, ob der Ausbau mit den schnell wachsenden Verkaufszahlen der Elektrofahrzeuge auf Dauer Schritt halten kann.

Die Herausforderungen, die wir im letzten Blogeintrag zur E-Mobilität benannt haben, gelten auch weiterhin. Für das Jahr 2030 hat die nationale Leitstelle für Ladeinfrastruktur den Bedarf an öffentlich zugänglichen Ladepunkten auf 440.000 bis 843.000 beziffert [11]. Die noch unzureichende Ladeinfrastruktur wird durch massive staatliche Förderungen aktuell weiter ausgebaut. Es werden in den kommenden Jahren jedoch noch weitere Förderprogramme folgen müssen, um diesem Bedarf gerecht zu werden. Die Frage nach der Rentabilität für die Betreiber bleibt weiterhin unbeantwortet. Ohne staatliche Förderungen wären wohl viele der aktuellen Betreibermodelle nicht wirtschaftlich tragbar. Aktuelle staatliche Förderungen bleiben mit den derzeit für das 1.000-Standorte-Programm mindestens geforderten 150 kW noch hinter den bereits technisch möglichen 350 kW zurück. Das instabile Energienetz wird dennoch weiterhin eine Belastungsprobe durchlaufen müssen, um den neuen Anforderungen des Schnellladens standhalten zu können.

Die Zeichen für die Mobilitätswende stehen jedoch auch trotz COVID-19 nach aktuellen Voraussetzungen nicht schlecht. Die groß aufgelegten Konjunkturprogramme werden in eine Richtung gelenkt, in die man sowieso gehen wollte. Der technologische Fortschritt wird E-Mobilität für den Endverbraucher praktikabler und attraktiver machen. Größere Batterien und schnellere Ladekapazitäten könnten jedoch auch die angestrebten technologischen Standards der Infrastrukturziele überholen. Die bereits genannten Mindestanforderungen für das Schnellladenetz liegen schon jetzt weit hinter den technischen Möglichkeiten zurück. Aktuelle Top-Modelle wie der Porsche Taycan schaffen schon jetzt Ladeleistungen von über 270 kW. Langfristig muss der technische Fortschritt auch ohne groß angelegte Förderprogramme den Weg in die Ladeparks finden. Zwischenzeitlich scheint die Verkehrswende hin zur Elektromobilität zu einem der wenigen Gewinner der COVID-19-Pandemie zu werden.

Ihr
Georgiy Michailov (Managing Partner)

So können Sie uns erreichen:
g.michailov(at)struktur-management-partner.com
Telefon +49(0)221/91 27 3 15

Georgiy Michailov Managing Partner Dipl.-Volkswirt, B.M. (TSUoE)

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