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Finanzierungs-absicherung in der COVID-19-Phase – Fünf Erfolgsfaktoren bei der Beantragung einer Landesbürgschaft

Autor

Jessica Hirsch

Christoph Hagemann

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Business-Blog

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Die COVID-19-Pandemie hat in einer seit Jahrzehnten nicht da gewesen Art und Weise Spuren in der weltwirtschaftlichen Entwicklung hinterlassen. Noch lassen sich die mittelfristigen Auswirkungen auf viele Geschäftsmodelle nur in Ansätzen prognostizieren.

Vor diesem Hintergrund steht die mittel- und langfristige Finanzierungsabsicherung mehr denn je im Fokus der Unternehmen. Neben internen, vor allem kurzfristigen, liquiditätsschöpfenden Maßnahmen ist die Unterstützung durch externe Finanzierungspartner essenziell. Denn trotz der Vielzahl unterschiedlicher Kreditprogramme erscheint es in vielen Fällen deutlich schwieriger als erwartet, eine geeignete Finanzierungslösung zu erhalten. Vor allem für Unternehmen, die sich bereits vor der Pandemie in einer Umbruchphase mit schwacher bzw. negativer Ergebnisentwicklung befanden, ist der Zugang zu anderen Unterstützungsprogrammen (bspw. KfW) oft nicht darstellbar.

Eine sinnvolle Alternative für eine Fremdkapital-Finanzierung kann eine Landesbürgschaft sein, mit der den Finanzierern bis zu 90% des Neukredites durch das jeweilige Bundesland vom Risiko freigestellt werden. Diese Art der Finanzierungslösung sicherte bereits in der Weltfinanzkrise 2008/2009 vielen Unternehmen das Überleben. In den vergangenen Monaten rollte daher eine Welle von Finanzierungsanträgen auf die Hausbanken zu, wobei die Antragsvoraussetzungen und -prozesse aufgrund der notwendigen hohen Umsetzungsgeschwindigkeit durch die Bundesregierung und KfW erst im späteren Verlauf konkretisiert wurden. Seit März 2020 haben wir bei Struktur Management Partner inzwischen viele Unternehmen bei der Konzipierung von Finanzierungslösungen und der Antragstellung – sowohl von KfW- als auch von Landesbürgschaftsmitteln – erfolgreich unterstützt.

Nach der zwischenzeitlich erfolgreichen Bewilligung von solchen Kreditanträgen mit einem Gesamtvolumen im dreistelligen Millionenbereich, haben wir fünf wesentliche Erfolgsfaktoren für Antragsbewilligungen identifiziert:

Erfolgsfaktor 1: proaktive und (in)formelle 360-Grad-Kommunikation

Unternehmen sollten im Rahmen der 360-Grad-Kommunikation nicht nur ihre Hausbanken, sondern auch die jeweiligen Mandatare der Bundesländer und – soweit möglich – die Politik bereits vor dem offiziellen Antrag aktiv einbeziehen. Auf Basis der aktuellen Erkenntnisse sollten Unternehmen mit ihren Stakeholdern sowohl die Auswirkungen durch die COVID-19-Krise auf den Geschäftsverlauf, die bereits ergriffenen Maßnahmen, die weitere Strategie der Krisenbewältigung, sowie den erwarteten Finanzierungsbedarf diskutieren. So kann das Unternehmen mit seinen Finanzierern die möglichen Optionen der Kreditprogramme unter Berücksichtigung freier Sicherheiten, Gesellschafterbeiträgen und alternativen Finanzierungsbausteinen (wie z.B. Factoring) prüfen. Hierbei sind die jeweiligen Anforderungen an die Finanzierungen (z.B. Definition von Unternehmen in Schwierigkeiten nach EU-Richtlinien), Konditionen, Risiken und der Zeitplan zu validieren und in die Gesamtüberlegungen zu integrieren. Eine von Transparenz geprägte, partnerschaftliche Finanzier-Kommunikation ist dabei von elementarer Bedeutung. Diese erfolgt idealerweise durch informelle Einzelgespräche, bei welchen die Überlegungen und Positionen der einzelnen Stakeholder eingeholt werden. Um das weitere Vorgehen zu definieren und Informations-Asymmetrien zu vermeiden, empfehlen sich regelmäßige Abstimmungsrunden des gesamten Finanziererkreises.

Eine professionelle Vorbereitung mit vorabgestimmter Agenda, Status der aktuellen Aufgaben, sowie ein Protokoll mit offenen Punkten sorgt für einen zielführenden Austausch mit dem Finanziererkreis und erleichtert den Gesamtprozess erheblich. Zudem ist es den Unternehmen anzuraten – nach gemeinsamer Festlegung der gangbaren Optionen – gemeinsam mit den Hausbanken die Kommunikation mit möglichen weiteren Stakeholdern wie der Politik und den jeweiligen Mandataren aufzunehmen, um die Unterstützungsmöglichkeiten, die entsprechenden Notwendigkeiten sowie Bedingungen zu diskutieren. Idealweise wird im Rahmen von Finanzierer-Runden auch eine „second best“-Alternative erarbeitet.

Erfolgsfaktor 2: professionell aufbereitete Unterlagen

Das einzige „Produkt“, welches die Entscheidungsgremien in den Händen halten werden, sind die Antragsunterlagen des Unternehmens. Daher geht es nicht nur um Inhalte, sondern auch um eine ansprechende Gestaltung, eine stringente Storyline und übersichtliche, nachvollziehbare Darstellungen. Für die Vorbereitung einer COVID-19-Finanzierung ist eine transparente Dokumentation zur Herleitung des Finanzierungsbedarfes zwingend erforderlich. Eine entsprechende Unterlage umfasst neben der historischen und wirtschaftlichen Entwicklung eine aktuelle Markteinschätzung sowie daraus abgeleitet die erwarteten Absätze bzw. Auftragseingänge. Auf Basis dieser Informationen sind (Liquiditäts-)Maßnahmen zu definieren und in ein bzw. mehrere integrierte COVID-19-Szenarien zu überführen. Mit einer vollständigen und schlüssigen Unterlage zeigt das Management des Unternehmens, dass es weiß, wie es die COVID-19-Krise bewältigen kann. Eine vorweggenommene Einwandbehandlung stellt die beste Methode zur Selbstreflektion der Stressresistenz der Unterlagen dar. Mit anderen Worten: Es gilt, einen Schritt vorauszudenken, welche Problemstellungen im Hinblick auf z.B. Branchenentwicklung, Geschäftsmodell und Refinanzierbarkeit diskutiert werden könnten und diese proaktiv zu erläutern.

Erfolgsfaktor 3: Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells

Weiterhin ist es unabdingbar, dass ein Unternehmen gut auf die Anforderungen der mittelfristigen Zukunft vorbereitet und entsprechend – auch über die gesicherte Finanzierung hinaus – stabil aufgestellt ist. Die transparente und nachvollziehbare Darstellung der zukünftigen Tragfähigkeit des Geschäftsmodells ist daher von elementarer Bedeutung. In den vergangenen Jahren haben wir bei Struktur Management Partner zur Bewertung von Geschäftsmodellen einen wertorientierten Ansatz entwickelt, welcher die besonderen Anforderungen mittelständisch geprägter Unternehmen berücksichtigt. Unser Geschäftsmodellansatz umfasst folgende fünf Wertedimensionen mit konkreten Fragestellungen zur Bewertung der relevanten Kriterien:


1.
Wertpositionierung – was sind die herausragenden Unternehmensstärken, die sich am besten eignen, um einen neuen oder besseren Kundennutzen zu schaffen? Und wie lautet die daraus abgeleitete marktdifferenzierende Wertpositionierung?


2.
Wertangebot – welche profitablen Produkte und Dienstleistungen (Kernsortiment) sollen angeboten werden, damit die Wertpositionierung umgesetzt werden kann? Und womit konkret sollen Kundenbedürfnisse besser befriedigt werden als vom Wettbewerb?


3.
Wertschöpfung – in welcher Kombination werden interne und externe Ressourcen benötigt, um das Wertangebot profitabel herstellen, vertreiben und vermarkten zu können?


4.
Wertabschöpfung – welches differenzierte Angebots- und Preiskonzept ergibt sich auf Basis des Wertschöpfungsmodells, um die maximale Zahlungsbereitschaft der Kunden abzuschöpfen?


5.
Wertdisziplin – mit welchen Führungsressourcen und Steuerungsinstrumenten wird sichergestellt, dass sowohl die strategischen als auch die operativen Vorgaben und Ziele konsequent umgesetzt und gegebenenfalls neu justiert werden? Insbesondere: Wodurch werden der Kundenmehrwert, eine optimale Finanzierungsstruktur sowie eine nachhaltige Profitabilität gewährleistet?

Mit diesen grundsätzlichen Fragestellungen entlang der fünf Wertdimensionen kann jedes Geschäftsmodell ganzheitlich transparent dargestellt und bewertet werden.

Erfolgsfaktor 4: regionale Bedeutung des Unternehmens

Ergänzend zu den bereits genannten Punkten ist es hilfreich, im Antragsverfahren auch die regionale Bedeutung des antragstellenden Unternehmens hervorzuheben. Dies umfasst nicht alleine die Sicherung der Arbeitsplätze und der künftigen Steuerzahlungen. Ebenso ist die Einbettung in Wertschöpfungsketten, die Systemrelevanz in deren Branchen, als auch die gesellschaftlichen Beiträge des Unternehmens – von Ausbildung über soziale Veranstaltungen bis hin zu Sponsoring und Spenden – zu berücksichtigen. Dabei ist es auch sinnvoll, den Kontakt mit der regionalen Politik aktiv zu suchen, um die notwendige Unterstützung bei der Generierung einer COVID-19-Finanzierung auf politischer Ebene zu erhalten.

Erfolgsfaktor 5: nachhaltige Kapitaldienstfähigkeit

Neben der transparenten Herleitung des Finanzierungsbedarfes ist darzustellen, wann und wie die benötigte Finanzierung mittelfristig wieder zurückgeführt werden kann. Hierzu ist es notwendig, das kurzfristige COVID-19-Szenario, um eine Mittelfristplanung zu ergänzen. Diese zeigt auf, dass die Kapitaldienstfähigkeit und somit die Rückführung der COVID-19-Finanzierung über einen Zeitraum von maximal sechs Jahren (bei 90%iger Bürgschaft) beziehungsweise zehn Jahren (bei 80%iger Bürgschaft) sichergestellt ist. Neben dem Kapitaldienst ist hierbei auch die Verschuldungskapazität ein relevantes Kriterium für die maximale Höhe sowie die Struktur der Finanzierung. Die Verschuldungskapazität berechnet die Grenze der vorrangigen Verschuldung, die ein Unternehmen über sieben bis zehn Jahre (je nach Branche und Art der Finanzverschuldung) zurückführen und somit maximal aufnehmen kann.

Aufgrund des unbekannten Krisenverlaufes sollten Unternehmen dazu mit Szenarien (Financing/Stress Szenario) arbeiten, die mittelfristig in einem aus den Markterwartungen abgeleiteten „new normal“ münden. Hierbei bildet das Financing Szenario eine konservativ erwartete und das Stress Szenario eine deutlich langsamere Erholung von den Auswirkungen der COVID-19-Krise unter Berücksichtigung der bekannten marktseitigen Risiken ab. Im Stress Szenario sollten Unternehmen die Kriterien der Entwicklung festlegen, auf deren Basis im Eintrittsfall weitere tiefgreifendere Maßnahmen eingeleitet werden. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, über das Stress Szenario auch den notwendigen Headroom herzuleiten, welcher mögliche Unwägbarkeiten und die aktuell hohe Volatilität abdeckt.

Fazit:

Unter Beachtung dieser fünf Erfolgsfaktoren können Unternehmer die Chancen auf eine erfolgreiche Bewilligung ihrer Anträge deutlich steigern. Hier spielen die Details und die Professionalität aller Beteiligten eine sehr gewichtige Rolle. So werden Unternehmen mit dem richtigen Partner an ihrer Seite durch diese schwierige COVID-19-Zeit kommen.

Jessica Hirsch Partnerin Dipl.-Betriebswirtin

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Christoph Hagemann Senior Manager MBA

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