Folgen wir der (realistischen) Ansicht, dass wir die Folgen des Klimawandels schon seit einigen Jahren zu spüren bekommen, so wäre eigentlich zu erwarten, dass sich das auch irgendwo sichtbar in den Zahlen niederschlägt, etwa bei Dürren, Fluten oder Stürmen. Tut es aber nicht.
Was in der Übersicht fehlt, sind Pandemien. Allein an Covid-19 sind laut Johns Hopkins University bisher rund 6,8 Millionen Menschen weltweit verstorben, und es gibt das Argument, dass Pandemien in Zukunft häufiger auftreten, wegen des Klimawandels oder der Zerstörung von Lebensräumen für Tiere. Doch so tragisch Pandemien wie Covid-19, HIV oder die Spanische Grippe auch sind – die Menschheit hat sie bisher immer überstanden. Selbst in Fällen, in denen die Todesrate weit höher lag und die Weltbevölkerung noch nicht acht Milliarden Menschen zählte.
Insgesamt gilt: Vor allem der zunehmende Wohlstand und die damit einhergehende höhere Anpassungsfähigkeit der Menschen scheinen dafür gesorgt zu haben, dass heute deutlich weniger Opfer durch Naturkatastrophen zu beklagen sind als noch vor ein paar Jahrzehnten.
Auch die durch Naturkatastrophen verursachen Schäden sind, ins Verhältnis zum BIP gesetzt, in den vergangenen 30 Jahren tendenziell gesunken – nicht gestiegen. Natürlich sorgen hier Einzelereignisse immer mal wieder für große Ausschläge, aber Aussagen wie „Alles wird immer schlimmer“ lassen sich auf Basis dieser Zahlen sicher nicht treffen.
Eine weitere häufig aufgeführte Konsequenz des Klimawandels ist eine Zunahme der Konflikte, die durch höhere Temperaturen, Nöte und Fluchtbewegungen entstehen können. Vally Koubi, die zugleich Professorin an der Universität Bern wie auch der ETH Zürich sowie Expertin für „Political Economy of Climate Change“ ist, hat daher mehrere Studien zu diesem Nexus untersucht. Ihrem Fazit zufolge gibt es zwar Anhaltspunkte dafür, dass klimatische Veränderungen zum Beispiel in schwach entwickelten, stark von Landwirtschaft abhängigen Regionen zu Konflikten führen können, aber um einen generellen Zusammenhang zu postulieren, fehle die Basis:
„It finds that the literature has not detected a robust and general effect linking climate to conflict onset. Substantial agreement exists that climatic changes contribute to conflict under some conditions and through certain pathways.“
Um zum Ende hin zu einer Gesamtbetrachtung zu kommen, folge ich nun William Nordhaus, Professor an der Yale University und vor ein paar Jahren mit dem Nobelpreis für Ökonomie ausgezeichnet – als bisher einziger Klima-Ökonom. Er befasst sich seit vielen Jahren mit dem Klimawandel und sammelt alle wissenschaftlichen Erkenntnisse aus einer Vielzahl von Disziplinen, die sich mit seinen Auswirkungen auf Landwirtschaft, Energieerzeugung, Wasserressourcen, Stürme, biologische Diversität, Erkrankungen, Migration usw. beschäftigen.
Betrachten wir also, um einmal eine valide Vergleichsgrundlage, eine Art gemeinsamer Nenner zu bekommen, den vom Klimawandel angerichteten Schaden aus ökonomischer Perspektive. Konkret hat Nordhaus aus 39 publizierten Schätzungen einen Trend abgeleitet. Jede einzelne Schätzung beruht auf ökonomischen Modellen und ist volatil, doch die Gesamtschau sollte doch einen gewissen Schutz vor allzu großen Verzerrungen bieten.
Das Ergebnis: In dem, was Nordhaus als beste Schätzung betrachtet, kommt er bei einem Anstieg der globalen Temperatur um 4,1 Grad Celsius auf einen Schaden von 2,9 Prozent des globalen BIP. Dies würde einen Effekt von etwa 3 Billionen Dollar bedeuten. Eine gigantische Zahl, absolut gesehen – aber wohl doch verkraftbar, relativ gesehen.