„Wir wollen lieber gut wirken, als wirklich Gutes zu tun.“
Ob Genderdebatte, Klimaschutz oder Antidiskriminierung – moralische Signale sind überall. Doch was steckt hinter all den moralischen Urteilen, die uns täglich begegnen? Und warum fällt es uns zunehmend schwer, andere Meinungen überhaupt noch auszuhalten? Die sozialen Medien verstärken eine Entwicklung, in der nicht mehr die Handlung zählt, sondern das richtige Signal: Moral wird zur Show. Diese Folge schaut dort genauer hin, wo der öffentliche Diskurs mit plakativer Verknappung arbeitet, und geht damit der Frage nach: Was macht das Moralspektakel mit unserer Debattenkultur?
„Moral ist eine neue Währung im Wettbewerb um Status.“
Prof. Dr. Philipp Hübl, Philosoph und Autor von Moralspektakel, analysiert diesen Wandel messerscharf. In einer Leistungskultur, in der viele nicht mehr mithalten können, wird Moral zur Bühne für Status. Wer andere öffentlich anklagt, kann sich selbst erhöhen. Moralische Urteile werden nicht mehr aus Überzeugung getroffen, sondern als soziale Strategie genutzt. Echtes Engagement spielt dabei oft nur eine Nebenrolle. Denn wer laut und eindeutig ist, bekommt Applaus, und wer differenziert und abwägt, macht sich angreifbar.
„Wir wollen als jemand anerkannt werden, der die richtigen Werte hat.“
Mit Georgiy Michailov spricht Hübl über Call-out Culture, moralische Reinheit und den Unterschied zwischen echter Veränderung und bloßer Inszenierung. Es geht um Signalkultur, Opferhierarchien und die neue Angst, falsch zu wirken. Ein Gespräch darüber, warum soziale Vergleiche unser moralisches Verhalten prägen und wie wir trotz Cancel Culture den Mut zum Widerspruch bewahren.