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Insights

SMP LeaderTalks

#102 | Moral als Statusspiel

SMP LeaderTalks

16. Juli 2025

Georgiy Michailov trifft Prof. Dr. Philipp Hübl

Über moralische Signale, Opferrolle und Cancel Culture.

1 h 27 Min

„Wir wollen lieber gut wirken, als wirklich Gutes zu tun.“

Ob Genderdebatte, Klimaschutz oder Antidiskriminierung – moralische Signale sind überall. Doch was steckt hinter all den moralischen Urteilen, die uns täglich begegnen? Und warum fällt es uns zunehmend schwer, andere Meinungen überhaupt noch auszuhalten? Die sozialen Medien verstärken eine Entwicklung, in der nicht mehr die Handlung zählt, sondern das richtige Signal: Moral wird zur Show. Diese Folge schaut dort genauer hin, wo der öffentliche Diskurs mit plakativer Verknappung arbeitet, und geht damit der Frage nach: Was macht das Moralspektakel mit unserer Debattenkultur? 

„Moral ist eine neue Währung im Wettbewerb um Status.“

Prof. Dr. Philipp Hübl, Philosoph und Autor von Moralspektakel, analysiert diesen Wandel messerscharf. In einer Leistungskultur, in der viele nicht mehr mithalten können, wird Moral zur Bühne für Status. Wer andere öffentlich anklagt, kann sich selbst erhöhen. Moralische Urteile werden nicht mehr aus Überzeugung getroffen, sondern als soziale Strategie genutzt. Echtes Engagement spielt dabei oft nur eine Nebenrolle. Denn wer laut und eindeutig ist, bekommt Applaus, und wer differenziert und abwägt, macht sich angreifbar. 

„Wir wollen als jemand anerkannt werden, der die richtigen Werte hat.“

Mit Georgiy Michailov spricht Hübl über Call-out Culture, moralische Reinheit und den Unterschied zwischen echter Veränderung und bloßer Inszenierung. Es geht um Signalkultur, Opferhierarchien und die neue Angst, falsch zu wirken. Ein Gespräch darüber, warum soziale Vergleiche unser moralisches Verhalten prägen und wie wir trotz Cancel Culture den Mut zum Widerspruch bewahren.

Zur Person

Prof. Dr. Philipp Hübl

Prof. Dr. Philipp Hübl ist Philosoph, Publizist und Autor. Er studierte Philosophie und Sprachwissenschaft in Berlin, Berkeley, New York und Oxford und wurde 2010 an der Humboldt-Universität zu Berlin mit einer Arbeit zu „Action and Consciousness“ promoviert. Heute gehört er zu den profiliertesten Stimmen, wenn es um die Verbindung von Philosophie, Gesellschaftsanalyse und Gegenwartsdiagnose geht. In seinen Büchern und Kolumnen analysiert Hübl, wie Sprache, Moral und Identität unser Denken prägen – oft unbewusst, oft politisch aufgeladen. Dabei verbindet er analytische Schärfe mit klarer Sprache und greift auch unbequeme Themen auf: von Cancel Culture über moralische Eindeutigkeitsrituale bis hin zur Rolle von Status in öffentlichen Debatten. Mit Moralspektakel liefert er eine Einladung zur kritischen Selbstreflexion in Zeiten von digitaler Empörung.

Mehr zur Person

Moralspektakel. Wie die richtige Haltung zum Statussymbol wurde und warum das die Welt nicht besser macht

Warum geht es in öffentlichen Debatten immer weniger um Lösungen – und immer mehr um das richtige Image? In Moralspektakel, 2024 mit dem Tractatus-Preis für philosophische Essayistik ausgezeichnet, analysiert der Philosoph Prof. Dr. Philipp Hübl, wie moralische Urteile zur neuen Währung sozialer Anerkennung wurden. Wer heute lautstark Haltung zeigt, gewinnt Reichweite. Wer differenziert, gerät unter Verdacht. Taten zählen dabei weniger als das, was gesagt oder geteilt wird. Hübl zeigt, wie soziale Medien als Katalysator für das Moralisieren dienen, warum Empörung belohnt wird und wie schnell echte Herausforderungen zur Bühne für Statusspiele werden. Dabei gelingt ihm ein kritischer Blick auf das Spannungsfeld zwischen Moral, Macht und Selbstinszenierung. Statt einer Pauschalkritik liefert er ein kluges Plädoyer für mehr Reflexion und weniger Show. Ein scharf beobachtetes Buch – und eine notwendige Analyse unserer Gegenwart.

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