Gewiss gilt: Der Markt kann nicht alles lösen. Aus der Spieltheorie stammt der Begriff des „sozialen Dilemmas“. Er bezeichnet eine Situation, in der Individuen, die allein ihre persönlichen Interessen verfolgen, sich als Gemeinschaft schlechter stellen. Sie stünden besser da, würden sie kooperieren. Bei einer bekannten Form, auch bekannt als die „Tragik der Allmende“, werden die Vorteile der Nutzung eines allgemein zugänglichen, endlichen Gutes individuell vereinnahmt und die Nachteile sozialisiert.
Ein klassischer Fall dafür ist die Nutzung fossiler Energieträger. Ihre Vorteile werden von Unternehmen oder Konsumenten realisiert. Die damit einhergehenden CO2-Emissionen jedoch werden in die Atmosphäre geblasen und der Welt aufgebürdet – mit all ihren negativen Folgen. Ökonomen sprechen hier von Marktversagen.
Erschwerend hinzu kommt, dass das Problem auch für alle globalen Lösungen im Kampf gegen den Klimawandel gilt. Jeder nimmt gerne den Nutzen dieser Bemühungen in Anspruch, doch die Kosten dürfen gerne die anderen tragen. Sehr klar wird dieses soziale Dilemma, auch bekannt als „Trittbrettfahrertum“, in unserem Podcast mit Prof. Christian Rieck beschrieben. Vor allem daran scheitern die globalen Klimaabkommen bislang.
Zwar einigt sich die Welt auf gemeinsame Ziele wie die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad, doch die Beiträge, zu denen sie sich bisher jeweils verpflichtet haben, reichen nicht, um diese Ziele zu erreichen. Motto: Sollen doch die anderen mehr tun. Für einzelne Nationen kann es sehr vorteilhaft sein, die eigenen Emissionen weniger stark zu senken (oder sie gar zu erhöhen), in der Annahme, dass andere Nationen die Arbeit schon machen werden.
Ein Grund für dieses Problem ist das Auseinanderfallen von sichtbarem Aufwand und sichtbarem Nutzen. Beim Umweltschutz funktioniert das noch: Er ist in der Regel lokal, klar in seiner Kausalität und seine Erfolge sind gut zu sehen. Klimaschutz hingegen ist meist multikausal und nur global steuerbar, sein Nutzen bleibt für viele abstrakt. Deswegen scheitert er häufig. Oder wie es Vince Ebert auf den Punkt bringt:
„Umweltschutz ist eine wahre Erfolgsgeschichte. Chapeau! Beim Klimaschutz dagegen weiß man noch nicht einmal so genau, was man konkret schützen, bewahren oder retten soll. Es ist eben wesentlich einfacher, einen ganz speziellen Giftstoff in einem ganz bestimmten Fluss zu eliminieren, als ein Atmosphärengas, ohne das es kein Leben auf der Erde gäbe, sinnvoll einzudämmen.“
Eine mögliche Lösung ist der Erlass von Verboten oder Regeln. Dies ist jedoch nicht immer effizient. Eine ökonomische Alternative, die sich den Marktmechanismus zunutze macht und dem Einzelnen weiter die Freiheit der Entscheidung überlässt, ist die Bepreisung der Schädigung des Gemeingutes. Diese kann die Form eines CO2-Emissionshandels annehmen, wie ihn die EU schon seit vielen Jahren kennt, oder die einer CO2-Steuer, die emissionsintensive Aktivitäten verteuert. In seinem Buch „Klimapanik“ schreibt der dänische Politikwissenschaftler BjØrn Lomborg dazu:
„Genau das macht eine CO2-Steuer: Sie zwingt jede einzelne Person, bei ihren Entscheidungen zu berücksichtigen, welche Klimaschäden bei der Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen entstehen. Eine CO2-Steuer erlaubt uns, Kosten und Nutzen richtig abzuwägen.“
Deutschland hat vor wenigen Jahren CO2-Preise eingeführt, die den Verbrauchern Kosten auferlegen und Schritt für Schritt steigen. Wichtig wäre es, solche CO2-Abgaben oder -Steuern weltweit einzuführen, um einen CO2-Steuer-Tourismus oder Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Nicht ohne Grund hat die EU kurz vor Weihnachten die Einführung eines Zolls auf Güter beschlossen, die irgendwo in der Welt ohne CO2-Ausgleichszahlungen hergestellt und in die EU importiert werden.
Es ist essenziell zu verstehen: Die Ziele für die Senkung von CO2-Emissionen zu erreichen, wird mit Kosten verbunden sein. Entweder die Menschen verzichten auf Dinge wie Transport, Heizung, Kühlung etc oder sie zahlen höhere Preise für ihre Nutzung. Beides bremst die wirtschaftliche Entwicklung.
Zur Illustration: Laut Lomborg schätzt das Energy Modeling Forum an der Stanford University in Kalifornien die Kosten für das Erreichen der von der EU gemachten Zusagen zur Reduzierung von CO2-Emissionen (um 40 Prozent, verglichen mit 1990) auf rund 1,6 Prozent des BIP im Jahr 2030 (respektive rund 250 Milliarden Euro). Die Welt würde das Pariser Abkommen von 2030 an demnach mehr als 900 Milliarden Euro pro Jahr kosten.
Dabei muss einem klar sein: Diese Kosten, insbesondere hohe Energiekosten treffen die Ärmsten besonders hart. Die derzeit verfügbaren Technologien zur Erzeugung erneuerbarer Energie sind für die meisten Menschen auf der Erde zu teuer, so dass in Schwellenländern weiter sehr stark auf die deutlich billigeren fossilen Energieträger zurückgegriffen wird. In Südafrika wurde 2021 ein Kohlekraftwerk fertiggestellt, das damals als das viertgrößte der Welt galt; bis heute erzeugt das Land etwa 80 Prozent seines Stroms mit Kohle. In Nigeria starten in den nächsten Jahren rund 100 Öl- und Gasprojekte.