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Insights

Die Erschöpfung der Geisteskraft

Autor

Georgiy Michailov

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Oder: Sechs Schlüssel zur optimalen Neurogenese und Leistungsfähigkeit

Zivilisationskrankheiten sind auf dem Vormarsch. Inzwischen sterben laut der Global Burden of Disease Study mehr Menschen an zu viel als an zu wenig Nahrung. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren 2014 rund 2,0 Milliarden Menschen übergewichtig, davon leiden mehr als 650 Millionen an Fettleibigkeit (Adipositas). Aber auch Depressionen, Angstzustände und Selbstmorde haben massiv zugenommen. Dieser Trend wurde durch COVID und die damit verbundenen Maßnahmen verstärkt.

In diesem Kontext bin ich auf Empfehlung eines guten Freundes auf das hochinteressante Buch „Das erschöpfte Gehirn“ des Arztes und Molekulargenetikers Dr. Michael Nehls gestoßen. Dieses Werk voller wissenschaftlicher Fakten und Erkenntnisse hat mich sehr beeindruckt und dazu bewogen, Dr. Nehls zu unserem Podcast einzuladen. In Vorbereitung auf das Gespräch habe ich in diesem Blog die für mich interessantesten Erkenntnisse zusammengefasst.

Dr. Nehls beginnt mit dem Verweis auf unsere Entscheidungsprozesse, die auf zwei unterschiedlichen Denksystemen basieren. Für diese bahnbrechende Erkenntnis wurde den Psychologen Daniel Kahneman, Amos Tversky und Vernon L. Smith bereits 2002 der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften verliehen. Ihre Erkenntnisse haben tiefgreifende Auswirkungen auf unser Verständnis des menschlichen Verhaltens und insbesondere auf unsere Fähigkeit, uns in einer komplexen Welt zurechtzufinden.

Das erste Denksystem, das sie identifizierten, wird oft als "System I" bezeichnet. Es ist unser automatisches, intuitives Denken, das dafür verantwortlich ist, alltägliche Routinen zu bewältigen und einfache Entscheidungen zu treffen. Es ist gewissermaßen unser mentaler Autopilot. System I ist schnell und erfordert wenig geistige Anstrengung und somit wenig Energie. Es hilft uns, in vertrauten Situationen blitzschnell zu reagieren, ohne viel nachzudenken. Da dieses System sehr energiesparend ist, wird es vom Körper bevorzugt eingesetzt.

Das zweite Denksystem, "System II" genannt, tritt in Aktion, wenn wir mit komplexen, neuen oder anspruchsvollen Aufgaben konfrontiert werden. Es ist ein bewusstes, analytisches Denken, das deutlich mehr geistige Energie erfordert. System 2 wird aktiviert, wenn wir neue Informationen verarbeiten, schwierige Entscheidungen treffen oder uns auf abstrakte Denkprozesse einlassen.

2003 betonten zwei führende Bewusstseinsforscher, der britische Physiker und Molekularbiologe Francis Crick (der 1962 den Nobelpreis für die Entdeckung der molekularen Struktur des Erbguts erhalten hatte) und der US-amerikanische Neurowissenschaftler Christof Koch:

„Viele Handlungen als Reaktion auf Sinneseindrücke sind schnell, flüchtig, stereotyp und unbewusst. Man könnte sie als kortikale Reflexe bezeichnen. Das Bewusstsein (hingegen) befasst sich langsamer mit umfassenderen, weniger stereotypen Aspekten der Sinneseindrücke — oder deren Widerspiegelung in Bildern — und braucht Zeit, um über angemessene Gedanken und Reaktionen zu entscheiden. (...) Es scheint ein großer evolutionärer Vorteil zu sein, Zombie-Modi zu haben, die schnell und stereotyp reagieren — sprich System I —, und ein etwas langsameres System, das Zeit zum Denken und zur Planung komplexerer Verhaltensweisen lässt —sprich System II“.

Das Problem in unserer modernen hektischen Welt ist, wie wir inzwischen wissen, dass die mentalen Energiespeicher begrenzt sind. Wenn wir zu viele schwierige Situationen bewältigen oder komplexe Entscheidungen treffen müssen, kann sich unser Gehirn erschöpfen. Da diese Erkenntnisse uns helfen, die Grenzen unserer kognitiven Kapazität besser zu verstehen und Strategien zur Verbesserung unserer Entscheidungsfindung zu entwickeln, haben sie nicht nur für die Psychologie eine große Bedeutung, sondern auch auf Bereiche wie Wirtschaft, Bildung, Ernährungswissenschaft und Politik.

Die Erschöpfung dieser mentalen Energiespeicher (des Frontalhirn-Akkus) und vor allem die Strategien, wie wir unseren Frontalhirn-Akku wieder aufladen können, stehen im Mittelpunkt des Buches von Dr. Nehls.

Das Phänomen des erschöpften Gehirns ist so verbreitet, dass die Wissenschaft dafür einen eigenen Begriff geprägt hat: Ego Depletion. Frei übersetzt heißt das so viel wie: Entleerung des Selbst. Entleert ist das Selbst, weil es alle geistigen Energiereserven bis zur völligen Erschöpfung aufgebraucht hat.

In einem solchen Zustand ist man nicht mehr in der Lage, komplexe Probleme mit dem System II zu lösen. Das Gehirn ist einfach zu müde, um anspruchsvolle rationale Entscheidungen zu treffen. Auch intrinsische Motivation und Selbstkontrolle gehen verloren. Im Zustand geistiger Erschöpfung kann man sich zu nichts mehr aufraffen und stößt seine Mitmenschen nebenbei schnell mit einer dummen Bemerkung vor den Kopf.

Das Problem: Wenn System II nicht mehr mit Energie versorgt werden kann, schalten wir unseren mentalen Autopiloten ein, der auf der Basis von System I navigiert. Die Folgen sind oft gravierend, z.B. vorschnelle Entscheidungen und impulsives Handeln. Und wir beginnen, der Einfachheit halber in Stereotypen und Vorurteilen zu denken. Wir verschließen uns vor neuen Erfahrungen. Selbst gute neue Routinen, wie eine bessere Ernährung oder ein sportlicherer Lebensstil, lassen sich unter dem Einfluss von System I nur schwer umsetzen.

Wenden wir uns zunächst der neurowissenschaftlichen Perspektive zu, um zu verstehen, wo diese Systeme I und II zu Hause sind. Es gibt zwei bemerkenswerte Regionen im menschlichen Gehirn, die eine entscheidende Rolle für unsere Wahrnehmung, unser Denken und unser Gedächtnis spielen. Das Frontalhirn und der Hippocampus sind die Hauptdarsteller in einem faszinierenden neurologischen Drama, das unser tägliches Leben beeinflusst.

Das Frontalhirn, auch Frontallappen genannt, ist der vordere Teil des Großhirns und eines der komplexesten Strukturen unseres Nervensystems. Es fungiert als Schaltzentrale des Gehirns und spielt eine entscheidende Rolle bei der Ausführung von Handlungen, der Entscheidungsfindung und der Kontrolle unserer Persönlichkeit.

Im Frontalhirn werden komplexe Denkprozesse koordiniert, Emotionen reguliert und zukünftige Aktivitäten geplant. Schäden in diesem Bereich können zu Veränderungen des Verhaltens, der Impulskontrolle und der Persönlichkeit führen. Es ist nicht verwunderlich, dass das Frontalhirn oft als "Chef" des Gehirns angesehen wird.

Der Hippocampus hingegen liegt tief innen im Gehirn und hat eine spezialisierte Aufgabe: die Speicherung von Informationen und die Bildung des Langzeitgedächtnisses. Diese seesternartige Struktur ist dafür verantwortlich, die Erfahrungen und Informationen, die wir täglich sammeln, in dauerhafte Erinnerungen umzuwandeln.

„Nur Erlebnisse und Gedanken, die uns auf irgendeine Weise berühren, werden gespeichert“,

sagt Dr. Nehls. Wir sollten also auf ein „aufregendes“ Leben achten und nicht in Routinen „sterben“.

Ohne einen funktionierenden Hippocampus wären wir nicht in der Lage, Neues zu lernen, uns an wichtige Ereignisse zu erinnern oder auch nur den Weg nach Hause zu finden. Menschen, deren Hippocampus geschädigt ist, leiden oft an Amnesie und können keine neuen Erinnerungen bilden. Sie sind eine Art Zombie ohne Persönlichkeit.

Der Hippocampus, dieses erstaunliche Gedächtnisarchiv und Datenbank, versorgt das geschäftige Stirnhirn mit einer Fülle von Informationen, die für rationales Denken und Entscheidungsfindung unerlässlich sind. Doch laut Dr. Nehls ist seine Kapazität begrenzt. Schon nach wenigen Stunden erreicht es sein Maximum und kann keine neuen Daten mehr aufnehmen. Sobald der hippocampale Speicher erschöpft ist, kann auch die Denkleistung des Frontalhirns stark beeinträchtigt werden, und man schaltet auf System I um. Die Erschöpfung ist das Ergebnis der „Besetzung“ der freien hippocampalen Synapsen durch die gespeicherten Gedanken.

Unser Ziel ist es, den sogenannten Frontalhirn-Akku so groß und so aufgeladen wie möglich zu halten. Die Aufladung erfolgt durch die Weiterleitung der Tageserinnerungen an den Neokortex. Von den Eindrücken des Tages bleiben nur Orts- und Zeitangaben übrig. Sie sind wie kleine Markierungen, aus denen der Hippocampus eine Bibliothek mit fester Katalogisierung von Büchern oder Erinnerungen anlegt, um sie bei Bedarf wieder abzurufen.

Um große Informationsmengen zu bewältigen, müssen wir das Wachstum von Hippocampus maximieren. Schließlich kann der Hippocampus lebenslang wachsen, indem täglich tausende neue Hirnzellen produziert werden. Die neuen Zellen schaffen täglich Platz für neue Erfahrungen - und das unabhängig vom Alter. Dieses Wunder der ständigen Erneuerung nennt man adulte hippocampale Neurogenese.

Andererseits gibt es auch fatale Folgen für unser Hippocampus, wenn diese Nervenzellen nicht gebraucht werden oder wir ein nicht „artgerechtes“ Leben führen.

Im Jahr 2005 kam der Psychologe Naftali Raz in einer Studie zu dem Ergebnis, dass der menschliche Hippocampus pro Jahr durchschnittlich 0,8 Prozent seines Volumens verliert. Eine britische Studie aus dem Jahr 2019 beziffert die Schrumpfungsrate sogar auf stolze 1,4 Prozent.

Bleiben wir bei etwa einem Prozent Schwund. Unser Frontalhirn schwächelt und mit ihm unsere Geisteskraft. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, gibt es auch Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen unseren kleiner werdenden Frontalhirnen und schweren Erkrankungen wie Alzheimer und Depression. In beiden Fällen ist die Neurogenese gestört und der Hippocampus erodiert.

Die wesentlichen Ursachen liegen laut Dr. Nehls in unserer heutigen Lebensweise.

Dr. Nehls zeigt eine Formel für einen starken Frontalhirn-Akku, um eine bessere Neurogenese zu gewährleisten.

Er nennt sechs Determinanten, die in Kombination eine optimale Neurogenese und aus seiner Sicht ein „artgerechtes“ Leben ermöglichen.

1. Gesunde Ernährung:

„Eine Zunahme des Körpervolumens geht mit einer Abnahme des Gehirnvolumens einher.“ (Zitat Dr. Nehls aus mehreren Studien.)

Das durchschnittliche Hirnvolumen von Übergewichtigen ist im Vergleich zu Normalgewichtigen um etwa vier Prozent reduziert, bei extrem Adipösen sogar um acht Prozent.

Vor allem bei chronischer fett- und auch kohlenhydratreicher Überernährung kommt es auch zu einer direkten Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit.

Den Blutzuckerspiegel durch weniger Süßes und weniger Traubenzucker konstant niedrig zu halten, hilft sehr. Genauso wie Fasten:

„Fasten oder körperliche Aktivität schränken das Denken nicht ein, sondern fördern es, wenn dabei der Blutzuckerspiegel niedrig gehalten oder sogar leicht gesenkt wird.“

Insgesamt empfiehlt Dr. Nehls, weniger Fleisch zu essen und unnötige Giftstoffe zu vermeiden, indem man Alkohol und Co. reduziert und beim Einkauf auf pestizidfreie Bio-Qualität achtet.

Und noch einen Aspekt hebt Dr. Nehls besonders hervor: die ausreichende Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren. Für die Neurogenese benötigt der Hippocampus eine hohe Zufuhr dieser ungesättigten Fettsäuren. Sie sind zwar in geringen Mengen in Leinöl oder Walnüssen enthalten, aber in dieser Form für unseren Organismus nur sehr schwer verwertbar. Optimal wären daher täglich etwa 150 Gramm fetter Seefisch. Leider nehmen unsere Fischbestände durch die Überfischung der Weltmeere rapide ab. Zudem sind die meisten Fische so stark mit Schadstoffen belastet, dass sie aus gesundheitlicher Sicht kaum empfehlenswert sind.

Eine gesunde Alternative ist Algenöl. Algenöl lässt sich sehr einfach aus pflanzlichem Plankton gewinnen, das wiederum sehr platzsparend und schadstofffrei in großen Containern gezüchtet werden kann. Dieses Öl sollte dann als Grundnahrungsmittel dienen und so unser Gehirn mit den dringend benötigten aquatischen Fettsäuren versorgen.

Darüber hinaus betont Dr. Nehls auch die ausreichende Versorgung mit Vitamin D als essenziellen Mikronährstoff für die Neurogenese. Die Vitamin-D-Konzentration im Blut liegt laut Dr. Nehls in der Regel (nicht nur) bei Kindern in Deutschland um rund 70% unter den empfohlenen Richtwerten.

„Niedrige Vitamin-D-Spiegel erhöhen die Sterberate durch Demenz-, Herz-Kreislauf-, Krebs- und Infektionskrankheiten und senken unsere Lebenserwartung und nicht zuletzt die Kapazität des Frontalhirn-Akkus“,

stellt Dr. Nehls auf Basis mehrerer Studien fest.

2. Schlaf

„Unzureichender Schlaf ist ein gewaltiges Problem der Moderne“,

bringt es Dr. Nehls auf den Punkt.

Mit dem Thema Schlaf habe ich mich bereits im folgenden Beitrag beschäftigt.

Der bedeutungsvolle Zusammenhang zwischen optimaler Neurogenese und Schlaf war mir aber neu. Optimale Neurogenese kann nur dann stattfinden, wenn der Hippocampus »offline« ist und nicht mit dem Sortieren neuer Erinnerungen beschäftigt ist.

Dr. Nehls empfiehlt übrigens acht bis neun Stunden Schlaf pro Tag!

3. Körperliche Aktivität

„Das Leben ist wie Fahrradfahren: um die Balance zu halten, musst du in Bewegung bleiben“,

sagte schon Albert Einstein.

Bewegung ist ein entscheidender Faktor zum Stressabbau und gehört neben gesunder Ernährung und ausreichendem Schlaf zu den Dimensionen eines artgerechten Lebensstils. Das macht auch aus evolutionsbiologischer Sicht Sinn: Unsere Vorfahren waren die meiste Zeit des Tages in Bewegung, sei es auf der Suche nach Schutz oder nach Nahrung.

„Sitzen ist das neue Rauchen“

und eine der wichtigsten vermeidbaren Todesursachen, schreibt Dr. Nehls.

Ab dem 25. Lebensjahr verliert ein sportlich aktiver Mensch jährlich nur etwa ein halbes Prozent seiner körperlichen Leistungsfähigkeit, ein völlig unsportlicher Mensch dagegen fast zwei Prozent pro Jahr.

Man muss allerdings keinen Leistungssport betreiben, um vom heilsamen Effekt des Sports zu profitieren. Schon ein zügiger Spaziergang oder lockeres Joggen helfen. Bereits bei diesen Aktivitäten werden verschiedene Hormone und Botenstoffe freigesetzt, darunter Serotonin, Dopamin, Zytokin, Irisin und das Wachstumshormon HGH. Diese stimulieren die Neurogenese im Hippocampus. Sport bietet also einen natürlichen Hormon-Cocktail, der das Wachstum des Gehirns anregt – ohne unerwünschte Nebenwirkungen!

4.Soziale Aktivität

„Sozial isoliert zu sein bedeutete in prähistorischen Zeiten den sicheren Tod“,

daran erinnert uns Dr. Nehls in der vierten Dimension für eine optimale Neurogenese.

Unser soziales Leben erhöht unsere psychische Resilienz und sorgt dafür, dass wir immer einen Halt spüren. Vielleicht ist das auch eine der besten Prophylaxen gegen stressbedingte Erkrankungen.

Alleinsein oder Einsamkeit führen zu chronisch erhöhten Stresshormonspiegeln und zur Erosion des Frontalhirn-Akkus.

Aktuelle Entwicklungen deuten immer mehr auf ein Zeitalter der chronischen Einsamkeit hin. Und die modernen Medien bieten zwar Quantität, können aber Qualität nicht ersetzen. Internet-Freunde können echte, physisch anwesende Freunde nicht ersetzen. Negatives wird online leichter geschrieben, und oft wird nur Positives gepostet, was Neid und Unzufriedenheit fördert, die sich wiederum negativ auf die psychische Gesundheit auswirken können.

Ein wesentlicher positiver Effekt sozialer Interaktionen ist die Ausschüttung des  Hormons Oxytocin. Dieses spielt eine besondere Rolle beim Wachstum neuer Gehirnzellen. Also: Kuscheln macht schlau ;) Aber nicht nur Berührungen, sondern jede als angenehm empfundene soziale Interaktion erhöht nachweislich den Oxytocinspiegel im Blut.

5. Sinn des Lebens

„Das Mysterium der menschlichen Existenz ist nicht, am Leben zu bleiben, sondern etwas zu finden, für das es sich zu leben lohnt.“

Da hatten Viktor Frankl und Fjodor Dostojewski eine ähnliche Lebensauffassung.

Die Fähigkeit, Freude und Sinnerfüllung in dem zu finden, was wir tun, ist entscheidend dafür, wie sich unser Gehirn entwickelt. Das begeisternde Erleben sinnvoller Tätigkeiten spielt eine besonders wichtige Rolle bei der Bildung neuer Nervenzellen im Gehirn, vor allem im Hippocampus. Diese jungen Nervenzellen haben schließlich die Aufgabe, neue emotionale, aber auch erinnerungswürdige Erfahrungen zu speichern. Wenn wir jedoch keine wertvollen Erfahrungen machen, die Emotionen in uns auslösen und somit von Bedeutung sind, haben diese Nervenzellen keinen Grund zu existieren. In der Folge sterben sie ab und tragen nicht zur Stärkung unseres Gehirns bei.

Wenn wir aber ein persönliches Ziel im Leben haben und danach streben, etwas Bedeutsames zu erleben, wird unser Gehirn ständig mit neuen Eindrücken gefüttert. Das stärkt den Hippocampus und somit unser "Frontalhirn-Akku". Der Sinn im Leben ist also ein Schlüsselelement für unsere psychische Gesundheit. Natürlich sind auch die anderen fünf Faktoren wichtig, aber letztlich dienen sie alle der Unterstützung unseres individuellen Lebenszwecks und sind daher dem Lebenssinn untergeordnet.

6. Zeit

„Man soll nie so viel zu tun haben, dass man keine Zeit zum Nachdenken hat“,

wusste schon Georg Christoph Lichtenberg, im Zeitalter der Aufklärung der erste deutsche Professor für Experimentalphysik.

Folgerichtig ist Zeit das letzte Element in der Wachstumsformel des Frontalhirn-Akkus. Zeitmangel bei der Erledigung von Aufgaben kann Stress verursachen. Dieser Stress führt zur Ausschüttung von Stresshormonen, die das Wachstum des Hippocampus hemmen. Dies verringert unsere Fähigkeit, mit Stress umzugehen, und kann zu einem Teufelskreis führen, der als Burnout bekannt ist. Andererseits kann zu viel Freizeit auch Stress verursachen, vor allem dann, wenn wir das Gefühl haben, dass unser Leben ohne Aufgaben sinnlos ist. Deshalb ist es so wichtig, Zeit bewusst und sinnvoll zu nutzen. Ebenso wichtig ist es, sich die Zeit zu nehmen, darüber nachzudenken, ob das, was wir gerade tun, unserem Leben einen Sinn gibt.

Wie erschöpft ist Ihr Frontalhirn-Akku?

Georgiy Michailov Managing Partner Dipl.-Volkswirt, B.M. (TSUoE)

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